SPP 2402: Neue Ansätze zur Verschleißvorhersage beschichteter Zerspanungswerkzeuge
Im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Schwerpunktprogramms SPP 2402 entwickeln Forschungsteams in interdisziplinären Projekten innovative Grey-Box-Modellierungsansätze. Ziel ist es, datengestützte KI-Modelle („Black Box“) mit physikalisch fundierten Modellen („White Box“) zu kombinieren, um das Verschleißverhalten beschichteter Zerspanungswerkzeuge besser zu beschreiben und verlässlicher vorherzusagen.
Eine Sonderausgabe zum SPP 2402 ist kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift Wear erschienen. Der Lehrstuhl für Werkstofftechnologie (LWT) hat hierzu in enger Zusammenarbeit mit seinen Partnern zwei wissenschaftliche Beiträge beigesteuert.
In der ersten Studie, die gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Werkstoffprüftechnik (WPT) und dem Institut für Spanende Fertigung (ISF) der Technischen Universität Dortmund durchgeführt wurde, untersuchten die Forschenden das Einsatzverhalten verschiedener AlCrVY(O)N-Dünnschichtsysteme beim Drehen von AISI 304. Zur Bewertung des thermischen Einflusses der Dünnschichten während des Zerspanprozesses wurden die Temperaturen auf der Spanfläche experimentell erfasst. Ergänzend dazu wurden die gemessenen Prozesskräfte mithilfe eines Autoencoder-basierten maschinellen Lernansatzes analysiert, um charakteristische Muster und Zusammenhänge im Schneidprozess zu identifizieren.
Das resultierende Black-Box-Modell bildet die Grundlage für ein nachgelagertes Grey-Box-Modell, in dem es mit einem White-Box-Ansatz verknüpft wird, der deterministische numerische Modelle und lineare Verschleißmechanismen abbildet. Durch die systematische Kombination experimenteller Daten mit KI-gestützten Analysen leistet die Studie einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung effizienterer und langlebigerer Werkzeugbeschichtungen für industrielle Anwendungen.
In der zweiten Studie, die in Zusammenarbeit mit dem Institut für Spanende Fertigung (ISF) und der Fakultät für Physik der Technischen Universität Dortmund entstand, stellen die Forschenden einen neuartigen Raman-Bildgebungsansatz vor. Dieser ermöglicht die gleichzeitige Bestimmung der Verschleißmarkenbreite und der Eigenspannungsänderungen von TiAlN-beschichteten Fräswerkzeugen mit einer Auflösung im Submikrometerbereich. Darüber hinaus wird ein Grey-Box-Modell präsentiert, das White-Box-Wissen aus Dichtefunktionaltheorie-Berechnungen transversaler akustischer Phononenmoden mit Black-Box-Daten aus experimentellen Raman-Mappings kombiniert.
Das daraus abgeleitete Modell erlaubt eine erfolgreiche Vorhersage sowohl des zeitlichen Verschleißverlaufs der TiAlN-Dünnschicht als auch der räumlichen Änderungen der Eigenspannungen. Der vorgestellte Ansatz zeigt eine deutlich verbesserte Prognosefähigkeit und eröffnet einen neuen Ansatz für die Verschleißbewertung beschichteter Zerspanungswerkzeuge in anspruchsvollen Zerspanungsprozessen.
Die vollständigen Veröffentlichungen stehen unter den folgenden Links zur Verfügung:
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