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Fakultät Maschinenbau

Magnetron-Kathodenzerstäubung

Bei der Magnetron-Kathodenzerstäubung (engl. magnetron sputtering) erfolgt die Zerstäubung des Targetmaterials durch den energiereichen Beschuss mit Gasionen. Die Magnetron-Kathode wird mit dem Targetmaterial bestückt und kathodisch geschaltet, damit in einer Argon-Atmosphäre bei niedrigem Druck durch Anlegen einer Hochspannung eine Glimmentladung entsteht. Dabei werden Argonatome durch Elektronenstöße ionisiert, wodurch ein Plasma mit Argonionen und freien Elektronen erzeugt wird. Aufgrund des elektrischen Potentials werden die positiv geladenen Argonionen mit großer kinetischer Energie auf das negativ geladene Target hin beschleunigt und schlagen beim Aufprall auf der Targetoberfläche durch Impulsübertragung Targetatome heraus. Die zerstäubten Teilchen gehen in die Dampfphase über und bilden auf dem gegenüberliegenden Substrat eine feste Dünnschicht. Durch Anlegen eines Magnetfelds hinter der Kathodenplatte werden die freien Elektronen durch die Lorentzkraft auf eine Spiralbahn abgelenkt. Dadurch erhöht sich die Kollisionswahrscheinlichkeit mit Argonatomen, sodass die Ionisationsdichte vor der Kathode gesteigert werden kann.

Bei der Synthese von nicht-metallischen Schichten werden entweder Reaktivgase in die Vakuumkammer eingeleitet oder nicht-metallische Targets zerstäubt. In reaktiven Prozessen werden Gase wie Stickstoff (N2) oder Sauerstoff (O2) in die Kammer eingeleitet, um keramische Dünnschichten wie Nitride oder Oxide abzuscheiden. Die Zerstäubung von Kohlenstofftargets ermöglicht hingegen die Synthese vom amorphen Kohlenstoffschichten, wie beispielsweise a‑C.

Schematische Darstellung der Magnetron-Kathodenzerstäubung © LWT
Schematische Darstellung der Magnetron-Kathodenzerstäubung

Bei der Magnetron-Kathodenzerstäubung existieren unterschiedliche Konzepte für die Leistungsversorgung der Magnetron-Kathoden. Die PVD-Beschichtungsanlagen am LWT nutzen dabei die folgenden Technologien:
 

Gleichstrom-Magnetron-Kathodenzerstäubung (dcMS)

Die Gleichstrom-Magnetron-Kathodenzerstäubung (engl. direct current magnetron sputtering, kurz dcMS) stellt die gängigste und einfachste Prozessvariante dar. Hierbei wird eine Gleichspannung von mehreren hundert Volt auf der Magnetron-Kathode angelegt, um das erforderliche elektrische Potential zu erzeugen. Damit die Magnetron-Kathode mit Gleichstrom betrieben werden kann, müssen ausschließlich elektrisch leitende Targetmaterialien verwendet werden. Die dcMS-Methode zeichnet sich durch geringe Kathodenleistungsdichten aus, wodurch sich bei der Kathodenentladung lediglich geringe Ionisationsgrade von wenigen Prozent ergeben.
 

Mittelfrequenz-Magnetron-Kathodenzerstäubung (mfMS)

Die Mittelfrequenz-Magnetron-Kathodenzerstäubung (engl. mid-frequency magnetron sputtering, kurz mfMS) erzeugt ein Plasma durch gepulste Kathodenentladungen bei Frequenzen fm zwischen 20 und 350 kHz. Durch die gepulste Plasmaanregung resultiert eine höhere Ionendichte und ein intensiverer Ionenbeschuss der aufwachsenden Schicht. Im Vergleich zu dcMS ermöglicht dies die Synthese von dichteren und härteren Dünnschichten. Insbesondere wird die mfMS-Methode häufig für die Zerstäubung mit Reaktivgasen wie Sauerstoff oder Acetylen eingesetzt. Diese Reaktivgase bilden elektrisch isolierende Verbindungsschichten auf der Targetoberfläche. Der gepulste Betrieb der Magnetron-Kathoden neutralisiert elektrische Aufladungen, wodurch stabile Zerstäubungsprozesse ohne elektrische Durchschläge realisiert werden können.
 

Hochleistungsimpuls-Magnetron-Kathodenzerstäubung (HiPIMS)

Bei der Hochleistungsimpuls-Magnetron-Kathodenzerstäubung (engl. high power impulse magnetron sputtering, kurz HiPIMS) erfolgt eine gepulste Anregung der Magnetron-Kathode mit hohen Spitzenleistungen, wobei kurze Pulslängen von bis zu 200 µs bei Impulsfrequenzen von bis zu 1000 Hz verwendet werden. Die Magnetron-Kathode erreicht dadurch pulsartig hohe Leistungsdichten von bis zu 10 kW/cm², sodass sehr hohe Ionisationsgrade von über 90 % begünstigt werden. Dies ermöglicht die Abscheidung von Dünnschichten mit hoher Dichte und sehr hoher Härte. Um eine Überhitzung aufgrund der hohen Leistungsdichte zu vermeiden, werden die Magnetron-Kathoden bei niedrigen Einschaltdauern unterhalb von 10 % betrieben. Als Konsequenz ergeben sich für HiPIMS-Prozesse deutlich niedrigere Abscheideraten im Vergleich zu dcMS.

Vergleich der Kathodenspannung von dcMS, mfMS und HiPIMS © LWT
Vergleich der Kathodenspannung von dcMS, mfMS und HiPIMS

Verfasst von Nelson Filipe Lopes Dias, 06.12.2023